Dienstag, 21. September 2010

Einblicke in bisherige Praxiserfahrungen

Nun wird es wohl Zeit, dass ich mal wieder etwas ueber meine Praxiserfahrungen bzw. meine Erfahrungen mit Sozialer Arbeit und Behindertenhilfe hier berichte. Schliesslich stellt die Arbeit in der Praxisstelle den Schwerpunkt des Programms dar oder sollte es zumindest. Obwohl ich nun schon mehrere Wochen hier und auch in meiner Praxisstelle bin, habe ich immer noch den Eindruck, dass das Bild, das ich mir machen kann sehr unklar ist. Zum einen ist es natuerlich auch ein weites Feld, was sicher nicht mal eben so zu erfassen ist, zum anderen muss ich in meiner Praxisstelle im Moment taeglich ein wenig Ueberzeugungsarbeit leisten, um ueberhaupt beschaeftigt bzw. so beschaeftigt zu sein, dass ich mich entweder nuetzlich fuehle oder zumindest etwas lerne. Ideal waere natuerlich, wenn sich beides kombinieren liesse, aber das ist im Moment doch eher selten gegeben. Nach der ersten Woche im Dayroom habe ich zwei Wochen lang Akten gewaelzt und Informationen in den Rechner eingegeben.  Als sich mein Aktenberg dem Ende naeherte, bin ich dann zu Sam, meinem Anleiter, um mit ihm zu eroertern, was meine Aufgaben in den naechsten Wochen sind bzw. was mich interessiert, wo ich gerne mal dabei sein wuerde. Seitdem stehe ich eigentlich taeglich einmal bei ihm im Buero und versuche, das Beste fuer mich herauszuholen, und allmaehlich scheint er eine Idee davon zu bekommen, was mir wichtig oder fuer mich interessant ist. Aus irgendeinem Grund scheint er der Ueberzeugung, dass die Arbeit im Dayroom fuer mich ganz klasse ist, waehrend ich viel lieber oder zumindest auch wissen moechte, wie die "Trainingsplaene" fuer die Klienteinnen und Klienten erstellt werden, wie die KlientInnen zu PACE kommen und einiges mehr. Im Moment sieht es so aus, als ob ich im Laufe der Woche saemtliche fuer die Arbeit als Skillsdeveloperin erforderlichen Trainings absolviert haben koennte und zumindest meine Arbeit im Dayroom beginnen kann. Was fuer mich auffaellig ist an der Arbeit hier, ist das vieles sehr sehr durchstrukturiert ist. Im Moment werden grade neue Skillsdeveloperinnen eingestellt und die haben eine zwei woechige Einarbeitung bevor sie an den Start duerfen, dazu gehoert eine Kurs in Erster Hilfe, Lebensrettende Massnahmen und blutuebertragene Krankheiten, eine Einfuehrung in das "Title 19 Waiver Program" (gesetzliche Rahmenbedingungen), das Grundlage fuer die Arbeit mit den Klienten und Klientinnen im Dayroom ist, eine ganztaegige Veranstaltung in Krisenmanagement (Theorie, verbale Deeskalation und Sicherheitstraining  praktisch) mit Abschlusspruefung und Zertifikat, drei Tage "Training on the clients", Informationen ueber alle Klientinnen und Klienten, Einfuehrung in das umfangreiche Dokumentationssystem. Ebenso durchstrukturiert scheint die Hilfeplanung fuer die Klientinnen und Klienten zu sein, auch wenn ich das bisher eher der Aktenlage nach beurteilen kann. In der Regel findet alle sechs Monate ein interdisziplinaeres Team statt, an dem neben dem/der KlientIn alle Professionellen und Nichtprofessionellen Unterstuetzer und UnterstuezerInnen beteiligt sind. Muss irgendjemand kurzfristig absagen, wird der Termin neu gesetzt. In Vorbereitung dazu gibt es umfangreiche Formulare, die ausgefuellt sein muessen: Diagnosen, Notwendigkeit verschiedener Therapien (Ergo, Physio, Logo), pflegerische und medizinische Massnahmen, persoenliche Ziele der Klientinnen und Klientinne sowie UnterstuetzerInnen, das breite Feld des Skillsdeveloping in allen Bereichen (Arbeit, Zuhause, soziales Umfeld), ein "Positiv Behavior Support Plan" zum positiven Umgang mit schwierigem Verhalten. Fuer alle Klientinnen liegt eine ausfuehrliche psychologische Diagnostik nach standardisiertem Testverfahren vor. Diese scheint alle drei bis fuenf Jahre stattzufinden. Ich hoffe, dass mir meine beiden Buerokolleginnen, die Therapeutic Consultants, bald einen etwas tieferen Einblick in die Prozesse der Hilfeplanung gewaehren, im Moment tun sie sich damit noch etwas schwer. Zur Zeit bin ich einerseits beeindruckt von so viel Struktur und andererseits erschlagen davon und frage mich, ob vor lauter Dokumentation, Diagnostik etc. nicht die eigentliche Arbeit mit den KlientInnen zu kurz kommt.
Was mich zur Zeit an der  Arbeit hier am meisten schockiert ist, dass ich den Eindruck habe, Menschen mit intellektueller Beeintraechtigung haben hier keinerlei Recht auf Selbstbestimmung. Saemtliche Klientinnen und Klienten, die hier im Dayroom im sogenannten "Title 19 Waiver Program" sind werden rund-um die Uhr beaufsichtigt. Sie duerfen nicht alleine die Wohnung verlassen. Sie koennen nicht alleine einkaufen oder Freunde besuchen gehen. In gewisse Weise beginne ich inzwischen das zu verstehen, denn auch wir wohnen zum Teil mit unserern Gastfamilien so, dass es unmoeglich  bzw. schlicht und einfach gefaehrlich ist zu Fuss irgendwohin zu gehen, insbesondere Einkaufsgelegenheiten sind zu Fuss oft unerreichbar. Nichts destotrotz ist es fuer mich unbegreiflich, in welchem Masse davon ausgegangen wird, dass die Klientinnen und Klienten beschuetzt werden muessen. Irgendwie hoffe  ich immer noch, dass es vielleicht gar nicht so schlimm ist, wie es mir erscheint, dass ich irgendetwas missverstehe...
Positiv ist aus meiner Sicht, dass Wohneinheiten hier offensichtlich nie mehr als maximal vier Plaetze umfassen, haeufig scheinen sie sogar kleiner zu sein.
Gestern habe ich an einer organiserten Tour durch verschiedene soziale Einrichtungen  teilgenommen. Wir haben ein Nachbarschaftshaus angesehen, das verschiedene Programme fuer Kinder und Jugendliche anbietet, wir waren in einer Obdachlosen-Schlafstelle, die ein spezielles Programm fuer Wohnungslose anbietet, die Arbeit haben. Dort sind dann oftmals auch Familien.  Es scheint hier nicht selten zu sein, dass Familien in denen beide Elternteile arbeiten, trotzdem keine Wohnung finden, die sie bezahlen koennen. Das Ausmass an Armut trotz Arbeit und oft mehreren Jobs ist hier wirklich gross. Das Engangement der Professionellen und der freiwilligen Helfer ist es auch. Erschreckend ist auch immer wieder, was ueber die Gesundheitsversorgung berichtet wird. Unsere Tour fuehrte uns auch zu einer Einrichtung die medizinische Versorgung fuer diejenigen anbietet, die keine Versicherung  haben.
Okay, soweit meine Eindruecke, heute mal ohne Bilder. Ich hoffe es war nicht zu droege.

Montag, 13. September 2010

Washington und mehr

Unser Ausflug nach Washington liegt nun schon eine ganze Woche zurueck. Wir sind also am Freitag Morgen froehlich mit dem Auto losgebraust. Astrid hat uns sehr souveraen zu Viviana und ihrer Familie in der Naehe von Washington gefahren. Der Verkehr und die Strassenfuehrung rund um Washington war unglaublich. Unser Quartier war dann doch nicht ganz soweit von Washington entfernt wie befuerchtet. Von Viviana und ihrer Familie wurden wir sehr herzlich aufgenommen und es wurde gleich ein Mittagessen fuer uns gekocht. Am Nachmittag sind wir dann noch nach Washington reingefahren, um erste Eindruecke zusammeln und uns zu orientieren und auch den Samstag und den Montag Morgen haben wir durch Washington flanierend verbracht. Die Stadt mit ihren vielen historisch und politisch bedeutsamen Gebaeuden und Denkmaelern ist schon sehr beeindruckend und auch die Innenstadt ist lebendig. Wir hatten super gutes Wetter und so hat es viel Spass gemacht sich alles in Ruhe anzusehen. Wunderbar war das Wetter auch fuer Fotos: weisse Gebaeude vor blauem Himmel mit Schaefchen Wolken. Von den unzaehligen Museen, fuer die kein Eintritt gezahlt werden muss, haben wir es nur ins "Air und Space" Museum geschafft. Die Wege zwischen den verschiedenen Sehenwuerdigkeiten sind ganz schoen lang und da es sowieso soviel zu sehen gibt, dass alles in den drei Tagen gar nicht zu schaffen war, haben wir es ruhig angehen lassen.
Kennt das jemand?
      

Donnerstag, 2. September 2010

Auf nach Washington

Morgen fahren wir, Astrid aus Berlin, Külli aus Estland, Claudia aus Kolumbiern und Liz aus Bolivien nach Washington. Ihr glaubt ja gar nicht, wie schwierig es ist, mit einer Gruppe kulturell so unterschiedliche geprägter Frauen so einen Wochenendtrip zu planen... Wahnsinn! Und jede von uns ist ja auch eigentlich noch damit beschäftigt, sich hier einzuleben, den viel zitierten "Culture shock" zu überwinden, sich mit den Gegebenheiten bei der Arbeit und in der Gastfamilie zu arrangieren.... Nebenbei wollte dann eben noch dieser Wochenendtrip nach Washington organisiert werden. AmMontag ist nämlich Laborday, d. h. wir haben ein verlängertes Wochenende und da bietet sich so eine Tour natürlich an. Auf Initiative von Liz haben wir dann alle noch den Freitag als freien Tag erbeten. Die größte Herausforderung war natürlich mal wieder die Frage, wie kommen wir da überhaupt hin? Diese führte dazu, dass Claudia und Liz bereits am Montag ein Zugticket gekauft haben, als Astrid und ich noch nicht wußten, ob wir am Freitag überhaupt frei bekommen. Denn je früher man hier das Ticket kauft, umso günstiger. Astrid und ich waren mit dem Ticketkauf auch nach dem wir wußten, dass wir am Freitag frei haben, etwas zögerlich, denn der Bahnhof ist über eine Stunde Autofahrt von hier entfernt und wir wußten, dass unsere Gasteltern uns nicht bringen können. Wie sich dann herausstellte hatten Liz und Claudia diese Frage für sich noch gar nicht geklärt.... Diverse Telefonate und SMS gingen hin und her, jede von uns hat von ihren Gastgebern diverse Tips und natürlich immer den klugen Hinweis bekommen, dass wir das Ganze vielleicht besser früher hätten planen sollen. Ende vom Lied: Astrid und ich haben am Dienstag Abend ein Auto reserviert und tatsächlich fahren wir nun morgen alle zusammen mit dem Auto dorthin. Im übrigen nicht nach Washington. Liz hat bei Verwandtschaft in der Nähe von Washington eine Übernachtungsmöglichkeit für uns besorgt... Wie sich später herausstellte, wohnt diese Verwandtschaft eine dreiviertel Autostunde von einer Metrostation nach Washington entfernt. Keine Ahnung wie lange die Fahrt mit der Metro dann noch dauert. Es wird also spannend und hoffentlich auch entspannt, denn die Anforderungen des täglichen Lebens mit den obenbeschriebenen notwendigen Anpassungsleistungen sind nicht unanstrengend. Ich werde sicherlich nächste Woche ausführlich berichten. Jetzt muss ich aber erst einmal zu ende packen und schlafen