Die erste Arbeitswoche ist geschafft. So schlimm, wie der Titel vielleicht suggeriert, war es gar nicht. Trotzdem ist es ganz gut, dass jetzt erstmal Wochenende ist. Ich bin jeden Morgen zwischen halb sechs und sechs aufgestanden. Um sieben geht es los und Dushyant bringt erst Pragya in die Schule, dann mich zu PACE, um dann selber zu seiner Arbeit zu fahren. Mein Arbeitstag beginnt im Moment also immer um halb acht. Meinen Arbeitsalltag zu erklären fällt mir gar nicht leicht, da ich in Deutschland keine wirklich vergleichbare Einrichtung zu PACE kenne und aber auch weil ich vieles, was dort gemacht wird (noch) nicht verstehe, mir vieles sehr merkwürdig vorkommt. Über einges schüttel ich im Moment nur den Kopf und sage mir dann, dass ich besser nicht darüber urteilen sollte, solange ich die Hintergründe nicht kenne und so wenig davon verstehe. Also ich versuche mal es zu erklären, so gut ich es im Moment kann. Korrekturen und Ergänzungen folgen in späteren Beiträgen.
PACE Anliegen ist es, Menschen mit Behinderung auf Arbeit vorzubereiten, in Arbeit zu vermitteln oder ihnen Arbeit zu geben. Es gibt zwei "eigene Betriebe", das ist einmal das Schreddern (Akten etc.) und das Café, das zum einen Kaffee, Snacks und Lunch für die Mitarbeitenden macht und außerdem Lunchboxes auf Bestellung liefert. Beides ist ganz neu, gibt es erst seit Anfang des Jahres. Dann hat PACE noch Verträge mit verschiedenen Institutionen und Betrieben, z. B. mit dem Department of Energy für die Verteilung der Post u. a., zur Gebäudereinigung, Landschaftspflege etc.
Ich habe diese Woche überwiegend im sogenannten Dayroom hospitiert. Hier verbringen alle diejenigen einen großen Teil der Woche, die nicht oder noch nicht für die anderen Bereiche qualifiziert sind, wobei einige regelmäßig stundenweise entweder im "shredding" oder in "the kitchen" oder auch bei Burger King etc. sind. Im Dayroom arbeiten mehrere sogenannte "Skillsdeveloper", deren Aufgabe es ist, mit den Menschen mit Behinderung, die für die Arbeit erforderlichen Aufgaben zu entwickeln und zu trainieren. Jeder ""Skillsdeveloper" arbeitet mit einer Gruppe von 1 bis 3 (selten vier) Menschen mit Behinderung. Jeder hat ein Netbook und Zugang und damit Zugang zum Dokumentationsprogramm. Hier wird zunächst nach gesehen, welche Trainingsmodule, jeder einzelene auf der Liste hat. Das ist z. B. persönliche Daten. Der Klient bekommt ein Arbeitsblatt, auf das er seinen Namen, Adresse, Geburtstag schreibt. Je nach Fährigkeit schreibt er es ab, oder schreibt er vorgezeichnete Linien nach. Andere Module sind: Umgang mit Geld, hierfür gibt es ein Computerspiel, aber auch eine Kasse mit Scheinen und Münzen zum üben, bei persönlicher Orientierung werden Name, Adresse, Präsident, zuständiger Mitarbeiter etc. abgefragt. So gibt es noch einige andere Module. Tatsache aber ist, das die Auswahl nicht besonders groß ist und viele KlienInnen jeden Tag dasselbe machen, wenn auch in Zusammensetzungen mit anderen KlientInen und anderen Mitarbeitenden. Die Mitarbeitenden müssen alles was die KlientInnen machen in15 minütigen Intervallen dokumentieren und sind damit sehr viel beschäfigt. Ich habe also diese Woche meist im Dayroom bei unterschiedlichen Mitarbeitenden und unterschiedlichen KlientInnen hospitiert, um möglichst viele kennenzulernen und zu sehen, was im Dayroom passiert. Insgesamt war es sehr interessant und hat Spaß gemacht, auch wenn es zeitweise wenig aufregend ist, den KlientInnen dabei zu zuschauen, wie sie ihre Namen und Adressen schreiben, was nicht selten fast eine Stunde in Anspruch nimmt und wobei ich echte Zweifel am Lerneffekt habe. Dieser scheint mir allerdings auch stark von den Skillsdevelopern abzuhängen, die mit sehr unterschiedlicher Begeisterung und sehr unterschiedlichem fachlichen Background an die Sache ran gehen. Mein zweites Standbein neben dem Dayrooum werden die beiden Therapeutic Consultants sein, die scheinbar die Fachaufsicht über das ganze führen, die "Therapiepläne" entwickeln... Und hier darf ich jetzt erstmal die Aufgabe machen, die ich selber auch an PraktikantInnen oder studentische NebenamtlerInnen abgeben würde, ich darf die Akten im PC auf den neusten Stand bringen. Das Gute daran ist natürlich, dass ich mir sämtliche Akten in Ruhe ansehen kann, aber ansonsten ist es echte Fleißarbeit....
Es war also weitgehend eine interessante Arbeitswoche, in der viele Fragen aufgekommen sind und ich mich über einiges gewundert habe, zum Beispiel, dass es bei PACE trotz Rollstuhlfahrern und Menschen, die auf Gehhilfen angewiesen sind, keine elektrischen Türöffner gibt. Oder dass selbst "fitte" Klienten ihre Kolleginnen im Rollstuhl nicht schieben dürfen. Es könnte ja etwas passieren und dann muss PACE damit rechnen verklagt zu werden. Im übrigen war auch mein Transport zur Arbeit und insbesondere nach Hause die ganze Woche noch ungeklärt. Der Hinweg ist im Moment ja kein Problem auf dem Rückweg ist in dem Bus, der Klienten in meiner Gegend nach Hause bringt zwar ein Platz frei, aber es hat eine ganze Woche und diverse Telefonate gedauert bis geklärt war, ob der Bus mich mitnehmen darf. Ich hätte das ja in Deutschland für möglich gehalten, aber nicht damit gerechnet, dass es hier so schwierig ist. Jetzt ist es geklärt also für nächste Woche ist das Problem geklärt. Danach ziehe ich um und es muss neu gelöst werden.
Hier abschließend noch mein persönliches Highlight zum Thema Arbeit, zunächst im Bild
Ich habe eine Lunchbag geschenkt bekommen. Hier hat jedes Schulkind und wahrscheinlich auch mindestens achtzig Prozent der arbeitenden Bevölkerung eine Lunchbag, heißt eine kleine Kühltasche oder Isoliertasche, wenn man warmes Essen mitnimmt, in die das Mittagessen gepackt wird. Und Archie war von Anfang an der Überzeugung, dass ich auch so eine haben sollte. Meinen Argumenten zum Trotz, dass ich diese Taschen etwas sperrig finde, auch wenn ich in Dortmund mit dem Fahrrad unterwegs bin (denn das ist ihre Vorstellung, dass ich sie später zu Hause nutze und mich an die USA und sie erinnere), hat sie mir dann diese Woche eine gekauft. Pragya, die auch eine neue bekommen hat, hat sie für mich ausgesucht. Es ist die lila Farbene. Das Argument mit dem Fahrrad zählt nicht, schließlich kann ich sie ja an den Lenker hängen, der Griff hat einen Verschluss und lässt sich öffnen und darüber stülpen. Bei dieser Begeisterung für die Lunchbag find ich es nun super nett und freue mich über meine neue Lunchbag.
Soweit für heute, mein Beitrag mit dem Schwerpunkt Arbeit, daneben gab es natürlich auch noch einiges andere, aber das erspare ich mir und Euch heute. Der Beitrag ist ja ohnehin schon ziemlich lang.
Freitag, 27. August 2010
Freitag, 20. August 2010
Einleben in Morgantown
Nun ist die erste Woche in Morgantown schon vorbei. Orientierungswoche war der offizielle Name und so gab es eine Menge Programm und gleichzeitig viel freie Zeit, die zu füllen gar nicht immer so einfach war. Das Programm bestand aus einer persönlichen Begrüßung durch den Unipräsidenten, einem Besuch beim Büro für Soziale Gerechtigkeit, einer Podiumsdiskussion mit Vertreterinnen und Vertretern unserer Praxisstellen und dem ersten Kennenlernen der Einrichtungen, einer historischen Führung über das Unigelande und die Innenstadt, einem Besuch beim Zentrum für Gesundheit für ausländische Studierende, einer Führung durch die Universitätsbibliothek und einem Tagesausflug nach Pittsburgh. Am spannendsten war für alle natürlich das Kennenlernen der Supervisors und der Praxisstellen. Mein Supervisor Sam Snyder ist Schulleiter im Ruhestand und seit Februar als Service Client Manager bei PACE enterprises tätig. Er ist sehr nett und hat offensichtlich viele Ideen, was ich alles tun und lernen soll. Ich bin ziemlich vielen Mitarbeitenden mit ohne Behinderung vorgestellt worden und bin froh, wenn ich mir fünf Namen davon merken konnte, ganz zu schweigen von den Funktionen, die alle sehr wichtig klingen, unter denen ich mir bisher aber nicht viel vorstellen kann. Auf meinen Praxiseinsatz bin ich sehr gespannt. Etwas zu schaffen macht mir, dass PACE in der absoluten Pampa ist.
Naja, nicht ganz, nebendran ist eine Grundschule, was mir ebenfalls unbegreiflich ist, auf der anderen Seite ein Fitnessstudio und ein Recreationcenter for people with disabilties. Wie ich auf die Dauer dorthin und von dort wegkommen soll ist bisher noch ziemlich ungeklärt. Für den Anfang hat meine Gastfamilie zugesichert, mich zu bringen und abzuholen. Von hier aus gesehen ist es allerdings am anderen Ende der Stadt, die Gastfamilie wechsel ich in zwei Wochen, dreimal die Woche muss ich ohnehin von der Praxisstelle aus direkt in die Stadt. Im Moment erscheint mir das alles ganz schön kompliziert, aber es wird sich schon irgendwie finden. Ich bin ganz schön verwöhnt mit dem ÖPNV und meinem Fahrrad in Dortmund. In meiner Gastfamilie bin ich in der letzten Woche ein wenig nach Indien abgetaucht. Am Sonntag war richtig viel Besuch im Haus, die Frauen trugen traditionelle Kleidung, es gab viel leckeres indisches Essen und alle waren ganz entspannt und guter Dinge.
Am Mittwoch dann habe ich mit den beiden indischen Familien ein Picknick am Coopers Rock, einem Aussichtpunkt zwanzig Autominuten entfernt gemacht. Berge und Bäume, hier gibt es einfach unglaublich viel Wald.
Zum Schluss noch zwei Eindrücke von unserem heutigen Ausflug nach Pittsburgh. Zwei Bilder der Cathedral of Learning, der Universität, die tatsächlich wie eine Kathedrale aussieht und sehr imposant und beeindruckend ist.
Naja, nicht ganz, nebendran ist eine Grundschule, was mir ebenfalls unbegreiflich ist, auf der anderen Seite ein Fitnessstudio und ein Recreationcenter for people with disabilties. Wie ich auf die Dauer dorthin und von dort wegkommen soll ist bisher noch ziemlich ungeklärt. Für den Anfang hat meine Gastfamilie zugesichert, mich zu bringen und abzuholen. Von hier aus gesehen ist es allerdings am anderen Ende der Stadt, die Gastfamilie wechsel ich in zwei Wochen, dreimal die Woche muss ich ohnehin von der Praxisstelle aus direkt in die Stadt. Im Moment erscheint mir das alles ganz schön kompliziert, aber es wird sich schon irgendwie finden. Ich bin ganz schön verwöhnt mit dem ÖPNV und meinem Fahrrad in Dortmund. In meiner Gastfamilie bin ich in der letzten Woche ein wenig nach Indien abgetaucht. Am Sonntag war richtig viel Besuch im Haus, die Frauen trugen traditionelle Kleidung, es gab viel leckeres indisches Essen und alle waren ganz entspannt und guter Dinge.
Am Mittwoch dann habe ich mit den beiden indischen Familien ein Picknick am Coopers Rock, einem Aussichtpunkt zwanzig Autominuten entfernt gemacht. Berge und Bäume, hier gibt es einfach unglaublich viel Wald.
Zum Schluss noch zwei Eindrücke von unserem heutigen Ausflug nach Pittsburgh. Zwei Bilder der Cathedral of Learning, der Universität, die tatsächlich wie eine Kathedrale aussieht und sehr imposant und beeindruckend ist.
Samstag, 14. August 2010
Angekommen
So, da bin ich nun, angekommen in den Vereinigten Staaten von Amerika, angekommen in West Virgina, angekommen in Morgantown und angekommen in meiner ersten Gastfamilie, Familie Shekhawat. Das Ankommen haben uns unsere Gastgeber, die Programm-Organisatoren bisher sehr leicht gemacht. Lisa, die Programm-Koordinatorin und George, der Programm-Direktor haben uns am Flughafen Willkommen geheißen. Alle sind sehr offen, freundlich und humorvoll. Die Atmosphäre war von Anfang an sehr entspannt. Unsere internationale Gruppe besteht aus Kulli aus Estland, Adebola aus Nigeria, Claudia aus Kolumbien, Liz aus Bolivien, Astrid und mir. Von Dienstag bis Freitag waren wir im Oglebays Park in einem Feriencottage, in einer großen Ferienanlage mit mehreren Golfplätzen und vielen Golfern, die mit ihren Golf Cars die Hügel auf und abgekurvt sind. Wir hatten Zeit uns kennenzulernen, uns zu akklimatisieren, haben viel gegessen, sind unerlaubterweise auf den Golfcar-streets spazierengegangen und haben verschiedene Board-members kennengelernt, die uns lectures gegeben haben über Themen wie "Was lasse ich zurück?", Leben in Morgantown, Leben in Gastfamilien, Arbeit. Gestern dann mussten wir uns trennen, jede wurde von ihrer Gastfamilie abgeholt. Meine Gastfamilie ist indisch und zum ersten Mal Gastfamilie. Sie haben eine dreizehnjährige Tochter, die sich sehr auf mich gefreut hat, offen und kontaktfreudig ist und sehr schnell spricht. Wir haben gestern schon zusammen Wii gespielt. Ich habe mich ganz schön blamiert. Außerdem haben sie einen siebzehnjährigen Sohn, der auch sehr nett ist, aber weniger Interesse an mir zeigt. Sie leben ein wenig außerhalb, so dass ich mich für alles, was ich tun will (abgesehen von Spaziergängen) fahren lassen muss. Gewöhnungsbedürftig, denke ich.
Bisher ist vieles, wie man es aus Film und Fernsehen kennt. Alles ist irgendwie eine Nummer größer: die Autos sowieso, die Portionen im Restaurant, die Supermärkte, die Einkaufszentren generell mit riesigen Parkplätzen. An die Relationen im Hinblick auf Entfernungen muss ich mich erst gewöhnen. "it's not far, only about one and a half hour".
Vegetarisch essen geht, aber die Auswahl ist nicht so besonders groß, weil beispielsweise jede Suppe "chicken based" ist. Allerdings hat Astrid, die Ernährungsberaterin ist und die Lebensmittel und ihre Zutaten in der Ferienwohnung eifrig studiert hat, festgestellt, dass die Hühnerbrühe kein Huhn enthält, also wer weiß? Meine aktuelle Gastfamilie ist hundertprozent vegetarisch. Zum Frühstück bekam ich heute blueberry pancakes und konnte der Familie versichern, dass dies ein aus unserer Sicht ein "stereotypisch" amerikanisches Frühstück ist. Der Sohn hatte mich gestern schon nach deutschen Vorurteilen und Stereotypien gegenüber den Amerikanern gefragt.
Die Leute sind sehr offen und freundlich, es ist einfach in Kontakt zu kommen und macht Spaß, was sehr angenehm ist. Das Wetter ist schwül warm, alles ist klimatisiert, aber es ist doch sehr unterschiedlich, wie kalt es ist. Ich habe oft kalte Füße, aber ansonsten ist es meist okay.
Soweit der Bericht der ersten Woche. Ich bin gespannt, was mich in der nächsten Woche erwartet. Meine Gastfamile bekommt heute Abend bis Donnerstag Besuch von ihrer indischen Familie aus Michigan (sechs Personen). Morgen ist große offizielle "Welcome-Reception" für uns, in der nächsten Woche ist Einführungs- und Orientierungsprogramm.
P.S. Auf dem Bild fehlt Adebola, die erst am Donnerstag angekommen ist. Im Hintergrund die Skyline von Pittsburgh
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